Kobieta: Professor Schärfe, seit diesem Jahr haben Sie einen mechanischen Doppelgänger,
einen Androiden, oder anders gesagt einen Avatar aus Japan, den Sie aus der Ferne
kommandieren können. Wie ist es dazu gekommen?
Mężczyzna: Einen Androiden habe ich zum ersten Mal bei einem japanischen Kollegen
gesehen, der in Japan an zwei Universitäten unterrichtet. Zu einer schickt er
gewöhnlich seinen Androiden, den er dann von seinem Büro aus steuert. So kann
er am gleichen Tag in zwei verschiedenen Städten Vorlesungen halten, auch wenn
er dann bei der einen Vorlesung gar nicht physisch anwesend ist.
Kobieta: Auch Sie haben Ihren Roboter schon eine Vorlesung an der Uni halten lassen,
oder?
Mężczyzna: Stimmt. Im Hörsaal saßen 150 Studenten. Meine Stimme kam aus
den Lautsprechern, meine Folien wurden auf die Wand projiziert. Ich war in
meinem Büro auf der anderen Seite des Gebäudes und steuerte alles fern. Zuvor
hatten wir Kameras und Mikrofone angebracht, sodass ich auf Fragen reagieren
konnte und darauf, was im Raum passierte.
Kobieta: Wann haben die Studenten bemerkt, dass sie einen Roboter vor sich haben?
Mężczyzna: Anfangs haben sie gar nicht gemerkt, dass da eine Maschine vor ihnen stand, weil
der Roboter einem Menschen so ähnlich ist. Der Roboter hat viele künstliche
Muskeln im Kopf und im Oberkörper. Ich kann den Kopf steuern, der Mund
bewegt sich fast wie meiner, wenn ich spreche. Atembewegungen und
Augenblinzeln erfolgen automatisch. Mein Roboter ist also nicht nur eine Puppe,
die ganz steif dasitzt. Schließlich fiel jedoch einigen Studentinnen auf, dass
die Bewegung der Lippen und das, was sie hörten, nicht ganz übereinstimmten.
Dadurch entdeckten sie, dass ein Roboter vor ihnen stand.
Kobieta: Und wie ist diese komplizierte Maschine entstanden?
Mężczyzna: Das war ein unglaublicher Prozess! Sie wurde in Japan gebaut. Ich musste einige
Male nach Japan reisen. Dort wurde jede Einzelheit besprochen. Mein Gesicht
wurde mehrmals fotografiert. Der Androide hat zum Beispiel leicht schiefe Zähne,
so wie ich sie habe. Auch eine Narbe auf der linken Hand und sogar eine Kopie
meines Eherings trägt er. Ich wollte, dass die Studenten den Eindruck haben, dass
ich persönlich vor ihnen stehe. Tatsächlich haben später Kollegen an der Uni
gesagt, dass das mit meinem Roboter zum ersten Mal gelungen sei. Er sieht mir
ähnlich wie ein Zwillingsbruder.
Kobieta: Und was für eine Beziehung haben Sie zu Ihrem Doppelgänger?
Mężczyzna: Ich weiß, dass er eine Maschine ist, und ich habe kein Problem, ihn im Büro
zurückzulassen, wenn ich heimgehe. Aber manchmal, wenn ich morgens
hereinkomme und ihn sehe, dann lächle ich und freue mich, als ob ich einen alten
Freund treffen würde. Menschen können Gefühle für Androiden entwickeln. Das
hat mir auch der japanische Professor erzählt, der ähnliche Erfahrungen mit
seinem Androiden hatte.
Kobieta: Und was machen Sie, wenn er mal kaputtgeht?
Mężczyzna: Hoffentlich passiert das nicht so bald. Aber wahrscheinlich endet er in einem
Museum, weil er einer der ersten superrealistischen Androiden in Europa ist.
nach: www.spiegel.de